11.07.2019

Antifa Infoblatt Österreich: Straftatbestand: Antifaschismus und Antiimperialismus?

Straftatbestand: Antifaschismus und Antiimperialismus?

Staatliche Repression in Österreich und Deutschland
Kämpferischer Antifaschismus erfordert Zusammenhalt und Solidarität!

Mehrere Angriffe auf politischen Aktivismus und das Versammlungsrecht ereigneten sich in jüngster Vergangenheit in Österreich und Deutschland. Nicht lange ist es her, standen viele Antifaschisten, Demokraten und Revolutionäre gemeinsam gegen die Einführung neuer Repressions- und Überwachungsgesetze, wie das Staatsschutzgesetz oder das Sicherheitspolizeigesetz. Unter dem Vorwand des „Antiterrorismus“ und der „Sicherung der Demokratie“ wurden diese Gesetze gegen den Widerstand und Protest zahlreicher Aktivisten und Organisationen durchgeboxt. Nicht nur konnte beobachtet werden, wie sich quer durch die Bank alle bürgerlichen Parteien in der einen oder anderen Form für diese Gesetze aussprachen, sondern auch die Einwände und Kritiken, dass es sich um schwerwiegende Angriffe auf demokratische Rechte und eine Faschisierung des bürgerlichen Staatsapparates handelt, wurden als „nebensächlich“ abgetan. Diese jüngsten Vorfälle zeigen uns, dass Repressions- und Überwachungsgesetze jedoch keinesfalls nur für die „ferne Zukunft“ oder gegen die „Gefahr des islamischen Terrorismus“ durchgesetzt wurden, sondern auch heute schon gegen politische AktivistInnen zur Anwendung kommen.


Oberösterreich: 23.000 Euro Strafe für AktivistInnen

Aktivisten der Sozialistischen Jugend (SJ) Oberösterreich, sowie der Kommunistischen Jugend Österreichs (KJÖ) wurden nun erstinstanzlich zu einer Strafe von über 23.000 Euro (mit Prozesskosten) verurteilt. Die Anmelder der antifaschistischen Demonstration gegen einen der wichtigsten Faschistischenkongresse Europas im Oktober 2016 wurden angezeigt, mit der Begründung, dass sie für jegliche „Straftaten“ innerhalb dieser Demonstration zur Verantwortung gezogen werden können. Es geht dabei um Farbbeutel die aus der Demonstration gegen ein Burschenschaftergebäude geworfen wurden, die jedoch niemandem nachgewiesen werden konnten. Im Vergleich dazu ist Martin Sellner, der Chef der Identitären Bewegung Österreichs (IBÖ) die bei diesem Faschistenkongress ebenfalls mit dabei war, und dessen Organisation ganz offen der ideologische Bezugspunkt des Massenmörders von 51 MuslimInnen in Christchurch war, noch nicht einmal verurteilt worden.

Deutschland: Neun Hausdurchsuchungen durch 107 Beamte

In der BRD zeigt sich die Repression der bürgerlichen Staatsorgane ebenfalls, aber in härterem Ausmaß. Die ehemalige Organisation „Jugendwiderstand“ (JW) ist seit geraumer Zeit nicht nur Opfer einer groß angelegten medialen Hetzkampagne, sondern nun auch Ziel staatlicher Repression.
Nach deren Selbstauflösung wurden Ende Juni neun Wohnungen vermeintlicher „führender Mitglieder“ Ziel von Hausdurchsuchungen, 107 (!) Ermittler waren dabei im Einsatz. Begründet wird dieser Großeinsatz mit einem angeblich „gewalttätigen“ Auftreten von JW-Mitgliedern gegenüber Nazis und Zionisten. Auch hier ist ein Vergleich angebracht: Naziorganisationen die in der BRD auch gezielt Ermordungen durchführen, werden zum absoluten Großteil nicht mit dieser Härte verfolgt (und nebenbei pflegen diese oft gute Verbindungen zum bürgerlichen Staatsapparat).

Wiederverhaftung von drei Revolutionären in Deutschland

Nachdem im April 2015 zehn Revolutionäre und Kommunisten mit der Begründung von „terroristischen Aktivitäten“ inhaftiert wurden und ein groß angelegter Prozess gegen sie gemacht wurde, solidarisierten sich viele fortschrittliche Organisationen und AktivistInnen zur Verteidigung von revolutionärem Aktivismus. Im Juni 2016 wurden acht von den zehn Revolutionären bedingt freigelassen, während der Prozess weitergeführt wurde. Nun hat der deutsche Staat drei davon, Dr. Banu Büyükavci, Dr. Sinan Aydin und Sami Solmaz wieder inhaftiert, mit der Begründung dass sie die „Aktivitäten weiterführen“ würden. Diese erneute Inhaftierung zeigt, das der reaktionäre deutsche Staat sein Ziel nicht erreicht hat, die Revolutionäre durch den Prozess einzuschüchtern und die Solidarität mit ihnen zu verhindern. Schließen wir uns zusammen und fordern erneut ihre sofortige Freilassung!

Inszeniert soll durch diese Angriffe vor allem eines werden: kämpferischer Aktivismus, Antifaschismus und Antiimperialismus seien eine Gefahr für die sogenannte „demokratische Mitte“. Während der damalige Bundeskanzler Kern die „bunten“ Proteste gegen den Faschistenkongress 2016 offen unterstützte, werden nun die Demoanmelder eben dieser Demonstration verurteilt, weil sie nicht dafür gesorgt hätten, jene Antifaschisten aus der Demonstration zu entfernen (obwohl sie es durchaus versuchten!) denen nun wiederum die „Farbbeutelwürfe“ angedichtet werden. Während die aktuellen Klimaproteste quer durch die Bank Unterstützung finden, und von den Regierungen in Österreich und in Deutschland hochgejubelt werden, wird ein Großeinsatz nach dem anderen gegen Aktivisten, die nicht dem politischen „Protest-Mainstream“ entsprechen, durchgeführt. Das zeigt deutlich, dass Protest nur dann „legitimiert“ wird, wenn er den Interessen der Herrschenden, des Kapitals entspricht, oder zumindest für dessen Zwecke gut missbraucht werden kann. Diese Angriffe richten sich damit also nicht nur gegen Antifaschisten und Revolutionäre, sondern sollen auch einschüchtern und jeglichen selbstständigen Protest als „kriminell“ und ungerechtfertigt darstellen. Es soll damit in „guten“ und „bösen“ Protest gespaltet werden, in „pazifistisch und bunt“ und „selbstorganisiert und kämpferisch“, weshalb hier auch teilweise AktivistInnen und Organisationen angegriffen wurden, die sich sonst gerne auf der „sicheren Seite“ positionieren, und ihren Platz am Rockzipfel des liberalen „Mainstream“ einzunehmen versuchen, wie beispielsweise die Sozialistische Jugend Österreichs. Jeder „Farbbeutelwurf“ wird als „hochkriminell“ dargestellt, mit dem Zweck die gerechtfertigten Proteste immer weiter zu befrieden und damit kämpferische Protestformen zu verhindern. Diese Angriffe des Kapitals auf legitimen Aktivismus sollten als mahnende Beispiele dienen, dass Anpassung und Zurückweichlerei keine „Prävention“ gegen Repressionschläge sein können, sondern im Gegenteil dem Bestreben der Herrschenden dienen, eine größere Angriffsfläche auf alle AntifaschistInnen zu schaffen, und gegebenenfalls Teile der jeweiligen Bewegung zahnlos zu machen.

Deshalb erfordert es nun Solidarität und Zusammenhalt von allen Antifaschisten und Antiimperialisten! Denn diese Angriffe sind Ausdruck der weiteren Faschisierung des bürgerlichen Staatsapparates, einer Ordnung die sich „fit macht“ für größere Auseinandersetzungen mit all jenen, die sich dagegen wehren und kämpfen. Als beste Helfer der Faschisierung des bürgerlichen Staatsapparats erweisen sich dabei nicht selten vermeintlich „Linke“ und liberale Kräfte. Nicht nur war es gerade die Linkspartei in Deutschland welche die Repression gegen den Jugendwiderstand als „gerechtfertigt“ legitimierte und sich damit einmal mehr als stinknormale Repressionspartei des Kapitals bestätigte. Auch in Österreich sind es nicht selten die vermeintlich „Linken“, wie SPÖ oder Grüne die bei Demonstrationen versuchen kämpferische AntifaschistInnen auszuschließen, abzudrängen oder zu denunzieren.

Das hochstilisierte Schreckgespenst des „Extremismus“, das in jüngster Vergangenheit als Hebel für den Abbau demokratischer Rechte benutzt wurde, zeigt heute seine Auswirkungen: Während faschistische Kräfte innerhalb des bürgerlichen Staatsapparates gute Positionen bekommen und als „demokratisch“ legitimiert werden, wird der Spielraum für wirklichen Antifaschismus, Aktivismus und Rebellion immer enger. Die sogenannte „demokratische Mitte“ die hier propagiert wird, lehnt jede Israelkritik mit dem Schlagwort des „Antisemitismus“ ab, womit der Antisemitismus der Herrschenden verdeckt werden soll. Gleichzeitig inszeniert sie sich auch als „Antifaschistisch“ und „gegen Nazis“. Wo ist aber dieser „Antifaschismus“, wenn ein fester Zusammenhalt und eine aktive Kraft gegen Faschisten oder Repression dringend gebraucht wird?

Entscheidend ist nun, dass alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte entgegen der Anbiederei an den liberalen „Mainstream“ fest an der Solidarität und dem kämpferischen Antifaschismus und Antiimperialismus festhalten. Verteidigen wir damit unabhängigen und kämpferischen Protest, der die Interessen der Unterdrückten und Ausgebeuteten verteidigt und nicht die des Kapitals!

Kämpferischer Antifaschismus erfordert Zusammenhalt und Solidarität – kein Zurückweichen oder Anbiedern an eine sich immer weiter faschisierende kapitalistische Ordnung!

Red.